Softkey, the Art of Sensibly Touching the Piano


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Softkey 2005
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F. Chopin, Concerto in e, op. 11.

Quelle: F. Chopin, Concertos,
Urtext, Polskie Wydawnictwo Muzyczne, 1976, p. 5-58.

Die Struktur des Kopfsatzes.

1. Grobstruktur:

(1) Exposition 195 Takte [139-333]
(2) Durchführung 102 Takte [385-486]
(3) Reprise 162 Takte [510-671]


Die Taktanzahlen der 3 Teile des Konzert-Kopfsatzes in e-moll übertreffen
diejenigen des kompakten Schwestern-Werkes in f-moll bei weitem,
sodaß in der Tat die Bezeichnung "Grand Concert" gerechtfertigt ist.
Allerdings wird dieser Effekt durch den 4/4-Takt beim f-moll Konzert
gegenüber dem hier vorliegenden 3/4-Takt teilweise wieder kompensiert.

2. Feinstruktur:

(1) Exposition
(1.0) Einleitung e 16 Takte [139-154]
(1.1) Hauptthema e 24 Takte [155-178]
(1.2) Zwischengruppe e 24+19 Takte [179-221]
(1.3) Seitenthema E 30+23 Takte [222-274]
(1.4) 1. Schlussgruppe E 40 Takte [275-314]
(1.5) Coda C#7- 19 Takte [315-333]
(2) Durchführung
(2.1) Hauptthema C 23 Takte [385-407]
(2.2) Seitenthema Fehlt
(2.3) Durchführungsthema E 54 Takte [408-461]
(2.4) Coda e 25 Takte [462-486]
(3) Reprise
(3.1) Hauptthema e 24 Takte [510-533]
(3.2) Zwischengruppe e 24+15 Takte [534-572]
(3.3) Seitenthema G 30+18 Takte [573-620]
(3.4) 2. Schlussgruppe e 24 Takte [621-644]
(3.5) Coda e 27 Takte [645-671]


Die Verzweigung als Unterschied zwischen Exposition und Reprise.

Das Hauptthema und die Zwischengruppe erscheinen
sowohl in der Exposition als auch in der Reprise
übereinstimmend in der Grundtonart e moll.
Demgegenüber wendet Chopin auf das Seitenthema
(E Dur in der Exposition und G Dur in der Reprise)
eine kleine Terzverschiebung aufwärts an,
die er durch Verzweigungen in der Zwischengruppe vorbereitet:
in der Exposition moduliert er in [203] von B7-9- nach C7-,
in der Reprise hingegen in [558] von B7-9- nach D7-.

Psychologisch wohlüberlegt gestaltet Chopin die Reprise (3.2) beruhigend,
indem er in [558] zu einer äußerst wohlklingenden Kette
von zarten Trillern und aufwärtsstrebenden Skalen schwenkt,
während er an der analogen Stelle [203] in der Exposition (1.2)
auf abrupte Weise mit aufwühlenden,
durch Doppelgriffe gespickten Passagen fortfährt,
die den russisch-despotischen Stil von P. I. Chaikovski vorwegnehmen.




Die Jagd-Szene als Schlussgruppe der Exposition.

Der mit Abstand fröhlichste und ausgelassenste Teil (1.4) des Kopfsatzes
beginnt in strahlendem E-Dur mit einem jauchzenden hinaufstrebenden Motiv.
Die anschließenden raschen Wechsel zwischen
barock enggeführten, beidhändigen Sechzehntel-Figuren
und plötzlichen extremen Dehnungen zu Dezimen-Arpeggien
sind technisch äußerst delikat.
Nach einer lieblichen zarten Zwischenmelodie
schließen sich die nächsten technischen Hürden an:
zuerst jagdhorn-ähnliche Terzen-Motive, die
einen sehr beweglichen Daumen der Rechten erfordern
und unmittelbar darauf in ungewohnten, etwas mystischen Harmonien
Passagen die dem 4. und 5. Finger der Linken
eine wahrhafte Akrobatik zumuten.

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