Softkey, the Art of Sensibly Touching the Piano


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Softkey 2005
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J. S. Bach, Praeludium in c, BWV 847.

Quelle: J. S. Bach, Das Wohltemperierte Klavier, Teil 1,
Urtext, G. Henle Verlag, 1970, p. 8-9.

1. Eindruck. Das c-moll Präludium mit
Hauptteil, Kadenz, Rezitativ und Coda
ist eine barocke Toccata (ein Laufstück)
aber Friedrich Gulda hat uns gezeigt,
dass sich die Schönheit der Melodieführung
bei langsamerem Tempo erst so richtig entfaltet
und dass die Presto-Kadenz
durch Tempo-Verdoppelung gegenüber dem Hauptteil
besser zur Wirkung kommt.

2. Anregung. Ich persönlich liebe es,
die erste Sechzehntel jedes Taktes
mit Hilfe des mittleren Pedals (Tonhaltepedals)
nachklingen zu lassen.

3. Harmonische Analyse.

3.1. Der Hauptteil beginnt düster und bedrückend (Takte [1-4]):

[1]c(49) [2]f(97+) [3]G7-9-(46-) [4]c(94)


Erst die nächsten Takte [5-9] bringen ein wenig Aufhellung:

[5]Ab(97) [6]D7-(49) [7]g(97+) [8]C7-(49) [9]f(97+)


Die freundlichste Passage des Hauptteils,
die um die parallele Dur-Tonart Eb kreist,
erstreckt sich über die Takte [10-15],
wobei sich in Takt [13] eine Engführung anbahnt und in den Takten [14-15] gipfelt.
Trotz der hellen Tonarten wirkt diese Stimmenverflechtung fremdartig
und der Hörer fühlt sich wie in einer fernen Galaxis:

[10]Bb7-(94) [11]Eb(7+9) [12]Ab(47+6) [13]Bb7-(49)
[14]Eb(94) [15]F7-(94)


Dann verdüstert sich die Stimmung
in verminderten Septakkorden ohne Grundton (Takte [16-17])
und führt über die Tonika (Takt [18])
zu zwei interessanten Takten [19-20], in denen
eine Bass-Sext dramatisch um einen Halbton aufsteigt:

[16]G7-9-(6-4) [17]G7-9-(46) [18]c(947+)
[19]f7(4+6+) [20]D7-9-(6)


Die nächsten vier Takte [21-24] streben
in chromatisch aufsteigenden Melodietönen
immer heftiger drängend zur Dominante G hin,
wobei die Takte [23-24] schon beinahe
orientalisch anmutende Harmonien erklingen lassen:

[21]c(947+) [22]D7-9-(4) [23]G7-(6+4) [24]G7-9-(6+4)


In den letzten drei Takten [25-27] des Hauptteils
ändert sich das Bewegungsmuster in Akkordzerlegungen
und leitet zur Kadenz über:

[25]G7-9-(6) [26]c4+ [27]D7-


3.2. Die Kadenz ist von Bach explizit
mit der Tempobezeichnung Presto überschrieben
und eröffnet auf der Dominante G
ein Feuerwerk an Motorik:

[28]D7-9-,G [29]D7-9-,G [30]f6+,c [31]G7-9-,c
[32]c,f6+,c,G7- [33]c,f6+,c,G7-


3.3. Die Kadenz mündet in ein zweitaktiges
typisch barockes Rezitativ
mit der Tempoangabe Adagio (Takte [34-35]):

[34]C7- [35]f


3.4. Die Coda schließlich ist mit Allegro bezeichnet
und umfaßt die Takte [35-38].
Besonders ihr Schluß ab der Mitte von Takt [37]
läßt noch einmal wunderbare Harmonien aufblühen:

[35]C7-9- [36]C7-9-,f,C7-,G7-9-
[37]C,G7-,C,C7-9 [38]f9,G7-9-(4),C49

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